Mein Tag im Kreißsaal. Die leitende Hebamme meinte es gut mit mir und bestellte mich auf 7 Uhr - etwas später als der Frühdienst beginnt. Vorführeffekt: Ein eher ruhiger Frühdienst. Ich hatte Gelegenheit, eine Tour zu bekommen, jede noch so blöde Frage zu stellen und das Glück, erfahrene Hebammen, aber auch eine Hebammenschülerin und eine Hebammenwissenschaftenstudierende kennenzulernen. (Die Hebammenausbildung wurde zuletzt ja akademisiert) Ich habe viel gelernt über Anreize, die zu Personalknappheit führen - vor allem in den Kreißsälen, aber auch bei den freiberuflich tätigen Hebammen. Besonders beeindruckt hat mich, welche mentale Stärke von den Hebammen ausgeht, wenn Frauen im kolossalen Ausnahmezustand sind und ein Baby zur Welt bringen. Sie sind Anpackerinnen, Motivationscoaches, Psychologinnen und wenn das Universum es schlecht mit uns meint, auch mal Trauerbegleiterinnen. Ein wahnsinnig schöner Beruf, auf den ich tatsächlich ein bisschen neidisch bin, aber auch einer der wirklich großen Respekt abnötigt und für den nicht jeder Mensch geeignet ist. Dass es mit Respekt allein nicht getan ist, wissen wir nicht erst seit den Klatschkonzerten. Deshalb wird das nicht meine letzte Station gewesen sein, um konkrete Vorhaben für die Politik in Kreis, Land und Bund abzuleiten. Probleme liegen in der Fallpauschalenabrechnung, in der das Krankenhaus nur für die erbrachte Leistung Geld erhält, egal wie lange es gedauert hat (besonders problematisch bei Geburt ), aber auch darin, dass der Schichtbetrieb in Kliniken Hebammen in der Familienphase gern dazu bewegt, sich nach der Ausbildung aus dem Kreißsaal in die Freiberuflichkeit zu verabschieden. Im Koalitionsvertrag haben wir festgehalten, dass wir etwas gegen den Hebammenmangel tun wollen. Bei der Ausbildung haben wir auch einen guten Anfang gemacht, der große Wurf fehlt aber noch. Das zwickt mich. Und um den zu schaffen, geht's weiter: Bald mit der Hospitation bei einer freiberuflich tätigen Hebamme und der Wochenbettbetreuung.