Der Brief im Wortlaut
7. September 2022
Entscheidungen im Rahmen der Energiekrise
Sehr geehrter Herr Bundesminister, lieber Herr Habeck,
als Mutter eines zweijährigen Sohnes bin ich der Überzeugung, dass der Ausstieg aus der Atomkraft grundsätzlich ein richtiges Vorhaben ist.
Was wir im Moment angesichts der explodierten Gas- und Strompreise erleben, bedroht allerdings nicht nur die Zahlungsfähigkeit der Menschen in unserem Land massiv. Zusätz- lich sind in den nächsten Monaten tausende von Arbeitsplätzen in Gefahr, die den Men- schen ihr Auskommen sichern.
Zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer aus Handwerk und Mittelstand in Stadt und Landkreis Hildesheim berichten mir, dass sie nicht wissen, wie sie mit Beginn des kommenden Jahres mit Blick auf vervielfachte Energiekosten noch auskömmlich wirtschaf- ten sollen. Nicht nur große Industrieunternehmen benötigen dringend Entlastung, vor al- lem Handwerk und Mittelstand sind in der Fläche wichtige Arbeitgeber, ohne die im wahrs- ten Sinne des Wortes die Lichter ausgehen. Ich bitte Sie daher mit Nachdruck, die nieder- sächsische Bundesratsinitiative für ein Hilfsprogramm für den Mittelstand aufzugreifen und im Rahmen der Entlastungsmaßnahmen des Bundes unverzüglich umzusetzen.
Ferner bitte ich auch als Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Energie, Bauen und Klima- schutz des Niedersächsischen Landtages eindringlich darum, einen pragmatischen Weg im Umgang mit den drei noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerken einzuschlagen. In einer Kriegs- und Krisensituation wie augenblicklich vorhanden, können wir es uns nicht leisten, Gas zu verstromen und aus falsch verstandener Prinzipientreue Kapazitäten der drei Atomkraftwerke außen vor zu lassen. Bitte treffen Sie angesichts der Kriegs- und Krisensituation jetzt die Entscheidung für eine zweijährige Laufzeitverlängerung der drei noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke inklusive des niedersächsischen Standor- tes Lingen. Werben Sie innerhalb Ihrer Fraktion und innerhalb Ihrer Partei für eine Ent- scheidung, die staatspolitischer Verantwortung entspricht. Ich habe sehr großen Respekt davor, wie Sie im ersten Halbjahr 2022 im Zuge des Angriffs Russlands auf die Ukraine als Grüne Ministerinnen und Minister aus Verantwortungsbewusstsein Entscheidungen getrof- fen und kommuniziert haben, die für Ihre Partei sehr schwere waren.
Zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger müssen wir statt der Symptome die Ursachen
der Energiekrise bekämpfen, überall wo wir direkten Einfluss nehmen können. Das heißt, Maßnahmen ergreifen, die die Energiepreise senken. Dazu gehört die Laufzeitver- längerung der drei Atomkraftwerke, ebenso wie ein vorübergehendes Aussetzen der Strombörse und nicht zuletzt die Planungsbeschleunigung von Projekten der Er- neuerbaren Energien. Umsetzungszeiträume von sechs bis zehn Jahren sind hier nicht vermittelbar.
Ich begrüße im Rahmen des Entlastungspakets ausdrücklich die Anhebung des Kinder- geldes und die Möglichkeit für Arbeitgeber, Zahlungen an ihre Mitarbeiterschaft bis zu 3000 Euro steuerfrei zu stellen. Ohne die zuvor erwähnten Energiepreis-senkenden Maß- nahmen bleibt das Entlastungspaket aber ein Tropfen auf den heißen Stein.
In dieser Situation müssen wir als Repräsentanten des Staates durch parteiübergreifendes und pragmatisches Vorgehen das Vertrauen der Menschen in Staat und Demokratie festi- gen. Ich bin sicher, Sie bekommen parteiübergreifend und auch aus der Bevölkerung Un- terstützung, wenn Sie sich für die oben erwähnten Maßnahmen entscheiden.
Ich freue mich auf eine Antwort und verbleibe
mit herzlichen Grüßen
Ihre Laura Hopmann MdL